Zitat von
Alvin Toffler: Die dritte Welle, Zukunftschance, Goldmann, 1983, S. 53
Obgleich Marx diese Enthumanisierung der zwischenmenschlichen Beziehungen korrekt identifizierte, so hatte er doch unrecht, als er sie auf den Kapitalismus zurückführte. Allerdings schrieb er auch zu einer Zeit, in der die einzige Form der industriellen Gesellschaft, die er studieren konnte, kapitalistisch orientiert war. Heute, nach mehr als einem halben Jahrhundert an Erfahrungen mit sozialistischen oder zumindest staatssozialistischen Industriegesellschaften, wissen wir, dass aggressive Raffgier, Wirtschaftskorruption, und die Subsumierung der zwischenmenschlichen Beziehungen unter kalte, ökonomische Begriffe keineswegs ein Monopol des Profitsystems sind. Die geradezu besessene Überbewertung von Geld, Waren und Sachwerten ist kein Kennzeichen von Kapitalismus oder Sozialismus, sondern von Industrialismus. Sie spiegelt die zentrale Rolle des Marktes in allen Gesellschaften wider, in denen Produktion und Konsum voneinander getrennt sind, in denen jeder einzelne schon in seinen elementarsten Lebensbedürfnissen vom Markt und nicht von seinen eigenen produktiven Fähigkeiten abhängig ist. In einer solchen Gesellschaft werden, gleichgültig wie ihre politische Struktur aussieht, nicht nur Produkte gekauft und verkauft, gehandelt oder getauscht, sondern auch Arbeit, Ideen, Kunst und Seelen.
[...] Eine derartige Korruption resultiert zwangsläufig aus der Trennung von Produktion und Konsum. Schon die Notwendigkeit, mit Hilfe eines Marktes als Verteilungszentrale Konsument und Produzent wieder miteinander zu verbinden und Güter vom Produzenten zum Konsumenten zu transportieren, verleiht denjenigen, die den Markt kontrollieren, eine ausserordentliche Machtposition, unbeschadet der Rhetorik, derer sie sich bedienen, um diese Machtposition zu rechtfertigen.
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