Die Entstehung des Betriebssystems
UNIX ist eines der ältesten Betriebssysteme überhaupt. Es kommt aus einer Zeit, die von Großrechenanlagen bestimmt war, welche die Rechenleistung eines heutigen Taschenrechners mit dem Energiebedarf eines mittleren Fabrikationsgebäude miteinander verband. Diese Rechenanlagen wurden komplett von ihren jeweiligen Anwendungsprogrammen gesteuert, Resourcenverteilung war kein Thema und so war ein Betriebssystem im engeren Sinn nicht nötig.
Ein erster Versuch, einen solchen Rechner mit mehreren Aufgaben gleichzeitig zu beschäftigen scheiterte an der mangelnden Rechenleistung der damaligen Computer - trotzdem ist es historisch interessant. Es wurde in den Bell Laboratories entwickelt und trug den Namen MULTICS (Multiplexed Information and Computing System).
Im Jahr 1969 versuchte ein Mitarbeiter der Bell Labs namens Ken Thompson ein Spiel, das er auf einem Lochkartenrechner entwickelt hatte, auf eine DEC-PDP/7 zu übertragen um mehr Spielspass und Performance zu bekommen. Für die Durchführung dieses Plans musste ein kleines Multitasking-System entwickelt werden, die MULTICS Idee wurde aus dem Keller geholt. Zusammen mit Dennis Richie (einem weiteren Mitarbeiter von Bell) wurde ein hierarchisches Dateisystem, eine Speicherverwaltung für die vier KByte (!) des Rechners und eine Prozess- und Time-Sharing Verwaltung entwickelt, die das System gleichzeitig für zwei Benutzer zur Verfügung stellte. Brian Kerningham (noch ein Bell-Programmierer) bezeichnete das ganze spöttelnd als UNICS (Uniplexed Information and Computing System) - schnell wurde daraus UNIX.
Das System war 1971 so stabil geworden, daß es innerhalb der Bell Labs schon zur firmeninternen Nutzung herangezogen wurde. Dazu wurde es auf eine wesentlich leistungsstärkere PDP/11 portiert. Das erforderte eine Menge Arbeit, denn UNIX war damals komplett in Assembler geschrieben. Aus dieser Erfahrung heraus suchten die UNIX-Entwickler nach einer Hochsprache, die geeignet wäre, das System leichter portierbar zu machen. (Es sollte theoretisch reichen, einen Compiler für diese Sprache zu schreiben, der dann das System in die jeweilige Maschinensprache übersetzen kann.) 1972 entwarfen die schon genannten Programmierer Dennis Richie und Brian Kerningham die Sprache B und schrieben UNIX in diese Sprache um. Weil sich diese Sprache als etwas unflexibel erwies, verbesserten Kerningham und Richie das Konzept und nannten das Ergebnis C. 1973 war Unix bereits komplett in C portiert und lief schon auf 25 Rechnern der verschiedenen Abteilungen der Bell Labs.
1974 veröffentlichten Thompson und Richie einen Artikel über ihr System der starkes Interesse insbesondere bei den Universitäten hervorrief. Die Bell Labs stellten den Quellcode in C den Universitäten frei zur Verfügung, womit eine explosionsartige Verbreitung von UNIX begann. Ab diesem Zeitpunkt spaltet sich die Entwicklungsgeschichte in verschiedene Versionen von UNIX. Die University of California in Berkley erarbeitete eine eigene Version, die später als BSD-UNIX (Berkley System Distribution) bekannt wurde. Bis 1978 entwickelten sich die verschiedensten Portierungen und Weiterentwicklungen des Systems. Als dann schließlich 1978 die ersten 32-Bit Rechner auf den Markt kamen, war wieder UNIX das erste System, was für diese Plattformen zur Verfügung stand.
Ab 1979 wird UNIX offiziell von AT&T (der Nachfolger von Bell) als Software vertreten, gleichzeitig entsteht auch die erste verfügbare BSD-Release.
1980/81 entwickeln Santa Cruz Operation und Microsoft ein UNIX-kompatibles System für die entstehenden IBM-PCs das den Namen XENIX trägt.
1983 entsteht der heute noch gültige Standard System V.
1984 entwickelt Siemens sein SINIX.
Die zwei Hauptlinien von UNIX sind heute die klassische System V Linie, die sich stark an die Vorgaben der Bell-Labs hält und die BSD-Linie, die sich mehr an der Berkley Version orientiert. Die Entwicklung zielt heute eher zu System V, selbst Sun Microsystems, die jahrelang ihr SunOS als praktisch reine BSD-Variante angeboten haben, sind mit Solaris heute auf die System V Linie eingeschwenkt. Die meisten wichtigen Eigenschaften werden heute aber sowieso von beiden Systemen angeboten.
Zur Veranschaulichung, wie verbreitet UNIX-Systeme heute sind, hier noch eine Tabelle, mit den wichtigsten UNIX-Systemen, sortiert von "sehr BSD" bis "sehr System V":
Systemname Hersteller
SunOS Sun Microsystems
Digital UNIX Digital Equipment Corp.
Linux Linus Thorwald und viele Andere.
AIX IBM
HP-UX Hewlett Packard
XENIX Microsoft
Solaris Sun Microsystems
SCO-UNIX Santa Cruz Operation
Unix-Ware Novell
SINIX Siemens
Damit sich diese verschiedenen UNIXe auch gegenseitig verstehen und die Entwicklungen nicht zu weit auseinanderdriften wurde 1986 ein IEEE Standard (1003.1) unter dem Namen POSIX (Portable Operating System based on UNIX) etabliert, dem heute die meisten UNIX-Anbieter Rechnung tragen.
Seit 1989 existiert die UNIX-Version System V Release 4, die versucht, alle Entwicklungen der verschiedenen Richtungen unter einem Dach zu vereinigen. An diese Richtlinien halten sich bis heute noch die meisten Anbieter.
Bis 1991 war die UNIX-Welt eine relativ abgeschottete Geschichte, es gab ein paar Gurus, ein paar mehr Spezialisten und alles was mit UNIX zusammenhing war so teuer, daß es nur Universitäten und Industrie intressieren konnte.
Es existierte damals schon ein Projekt, welches sich vorgenommen hatte, ein freies POSIX-kompatibles System zu entwickeln - die Free Software Foundation. Sie gingen aber einen sehr akademischen Weg und fingen mit den diversen Tools und Hilfsprogrammen an, um dann am Schluß das Betriebssystem zu programmieren. Das System sollte GNU (Gnu's Not Unix) genannt werden und viele verschiedenen Programmierer arbeiteten daran. 1991 existierten schon fast alle wichtigen UNIX-Tools in einer freien GNU-Version, am wichtigsten war dabei natürlich der C-Compiler. Das Einzige, was noch fehlte - war das System selbst.
Im Jahr 1991 begann aber auch ein finnischer Informatik-Student (Linus Thorwald) mit der Entwicklung eines freien Unix Systems. Er bediente sich dazu des GNU-C-Compilers, der eine hohe Portierbarkeit garantierte. Das Ergebnis ist bekannt und seit 1992 als LINUX als freies UNIX-System zu haben.
Linus Thorwald setzte von Anfang an auf das Prinzip der freien Software und gab jedem den Quellcode seines Systems weiter. So begannen sich tausende von Programmierern mit LINUX zu beschäftigen, das System weiterzuentwickeln und Anwendungen dafür zu schreiben. Durch die Existenz der ganzen GNU-Tools war sehr schnell ein komplettes Betriebssystem samt aller notwendigen Hilfsprogramme vorhanden.
Durch die kostenlose Verbreitung von Linux erfuhr die Unix-Welt plötzlich wieder einen erheblichen Aufschwung. Die plötzliche Verfügbarkeit eines Unix-Systems für Menschen mit kleinem Geldbeutel, verbunden mit der Zunahme der Rechenleistung von Low-Cost-Computern sorgte für eine schnelle Verbreitung.
Mittlerweile haben sich fast alle namhaften Hersteller kommerzieller PC-Unixe dazu bereiterklärt, ihr System für Privatanwender kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Neben dem schon bekannten FreeBSD gibt es inzwischen solche Angebote für SCO-Unix und sogar Solaris.
Die hohe Stabilität des Systems, die freie Verfügbarkeit aller Server-Software und die perfekte Einbindung der Netzwerkfähigkeit ins Betriebssystem führten zu einer hohen Nachfrage von Unix/Linux-Rechnern im Internet. (Immerhin ist das Internet entstanden als Vernetzung von Unix-Rechnern)
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