SPIEGEL ONLINE: Welche Idee haben Sie denn für eine Zukunft, in der sich Selbstentfaltung und wirtschaftliche Solidarität nicht ausschließen?
Nachtwey: Das ist die 100 Millionen-Dollar-Frage. Wie kann man die Idee des guten Lebens mit einer Wirtschaft verbinden, die demokratisch-gesellschaftlich gesteuert wird, ohne alles autoritär zu verstaatlichen?
SPIEGEL ONLINE: Und Ihre Antwort?
Nachtwey: Ich habe derzeit auch keine. Die Sozialisten des frühen Jahrhunderts haben gesagt: Mit uns ist die Geschichte. Sie haben sich geirrt. Aber sie konnten andere davon überzeugen, dass sie die Welt verändern können und eine solidarische Gemeinschaft schaffen können - das ist ein ganz starkes Motiv. Wenn man davon ausgeht, dass eine Sache wahrwerden kann, führt das erst dazu, dass sie wahr wird. Im Moment gibt es aber keine ernsthafte Diskussion über Alternativen, obwohl sie dringend nötig wäre. Ich weiß nur, dass ich nicht glaube, dass es bei der nächsten Krise, die möglicherweise schon in einem halben Jahr kommen wird, wenn die Italiener ins Straucheln geraten, nicht damit getan sein kann, nur die Banken zu retten.
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