Claus Leggewie: Na, Wowi war ein toller Showstar, aber ob der ein guter Oberbürgermeister war, wage ich, auch noch nachträglich zu bezweifeln.
Deutschlandradio Kultur: Dann variiere ich meine Frage dahin: Was macht Sie so optimistisch, dass andere Politiker anders reagieren als er?
Claus Leggewie: Der Kampf der Bürgergesellschaft, der längst im Gange ist. Weil wir uns das nicht mehr bieten lassen. Es ist möglich, dass Sie recht haben. Es ist möglich, dass Sie recht haben, dass die Bürgergesellschaft eine komplett passive vereinzelte Masse von Leuten ist, die sich gar nicht beteiligen wollen. Dann haben Sie die Wette gegen mich gewonnen. Aber ich gehe die Wette ein. Ich habe ganz viele Veranstaltungen gemacht zu – sagen wir mal – Vorformen eines Zukunftsrates, über Bürgerbeteiligungsprozesse. Und ich sehe dort eine Energie. Ich sehe dort eine Bereitschaft zur Mitwirkung. Und ich sehe dort auch eine politische Energie, sich nicht mehr abspeisen zu lassen, ja, die sehe ich. Und die muss man jetzt natürlich auch institutionell fördern, dass man sich mal aufregt, dass man vor – keine Ahnung – Anne Will sitzt und sich wieder furchtbar aufregt über die Bundeskanzlerin oder Herrn Bosbach oder wen auch immer, das ist keine Politik. Das ist Zuschauerpolitik.
Wir brauchen eine Demokratie, an der wir mitwirken können, an der wir was zu sagen haben. Und ich bin sehr optimistisch, dass wir in Deutschland, sagen wir mal, drei, vier, fünf Prozent der Bevölkerung haben, die ich als Aktivbürger bezeichnen würde, die Lust haben, die ein Interesse haben, die auch Power haben, sich zu beteiligen. Und genau die sind jetzt gesucht.
Diese Zukunftsräte entstehen nicht, weil Frau Prof. Nanz und Herr Prof. Leggewie einen Zukunftsrat empfehlen, sondern weil etwas in der Luft liegt, auch jetzt gerade animiert durch AfD, durch Populismus. Wir müssen jetzt auch mal was auf die Beine stellen, das erlebe ich täglich.
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